Freundschaft

Meine erste Freundschaft

Bei meiner letzten Schreibwerkstatt hatten wir das Thema Freundschaft und ich hatte Lust über Steffi zu schreiben. Schön wäre es, wenn ich sie wiederfinden würde. Die Geschichte füge ich hier an und hey, wer Lust hat kann ja seine Freundschaftsgeschichte mit uns teilen und bitte markiere mich dann. Ich freue mich drauf!

Meine erste Freundschaft
Steffi
Meine erste – wirkliche – Freundschaft, an die ich mich erinnern kann, die hatte ich mit Steffi. Es war ein Glücksfall, dass ich sie getroffen habe. Es war bei einer Ferienfreizeit in Österreich, denn immer im Sommer buchten meine Eltern für mich eine dreiwöchige Freizeit. Wir waren in Hinterglemmen bei Saalbach. Soweit ich mich erinnern kann, kamen Steffi und ich uns gleich in der ersten Woche näher. Vermutlich, weil wir beide gemerkt hatten, dass wir anders waren, als die anderen. Wir trugen beide immer schräge Klamotten, hörten nicht die Musik, die andere hörten. Bobby Brown kam in diesem Sommer 1979 heraus. Wir liebten diesen Song. Wir liebten auch Bob Dylan und Jefferson Airplane. Damals fingen wir an, uns das erste Mal für Jungs zu interessieren. Peter hieß der, den ich gut fand und Steffi stand auf seinen Freund. Alexander hieß er, glaub ich. Zurück in Hamm haben wir sie noch manchmal besucht. Sie kamen ursprünglich aus Polen. Wir fanden das interessant. Sie wohnten in der Siedlung neben dem jetzigen Maximilianpark. Damals war das noch ein Brachgeländer, verwildert, man erkannte noch die alte Zeche und es war ein herrlicher Spielplatz für wilde Kinder, wie wir sie waren.
Ab diesen Sommer fuhr ich jeden Tag zu Steffi auf den Bauernhof. Mit dem Fahrrad war das knapp eine viertel Stunde. Ich kann mich an nichts anderes mehr erinnern, als bei ihr auf diesem wundervollen Bauernhof gewesen zu sein. Wir misteten die Schweinställe aus, ich half auf den Feldern und im Garten. Steffi hatte 10 oder 11 Geschwister, ich weiß es nicht mehr. Es waren immer ganz viele Kinder dort. Einige studierten in Münster, die meisten lebten in den Haus. Steffi war die zweitjüngste. Der jüngste war Hotti, der von seinen großen Schwestern stets geärgert wurde. Er hatte es nicht leicht.
Irgendwie war es bei Steffi, wie bei Pipi Langstrumpf. Wir hatten tolle Discoabende in der Scheune, wir konnten ständig in andere Räume umziehen. Es gab immer freie Zimmer in dem großen Haus und man konnte sich einfach eins aussuchen. Wir haben die Wände angemalt mit „Wish you were here“. Das haben wir beide auch eines Nachts in der Innenstadt gemacht. Der Schriftzug mit den filigranen bunten Farben war noch jahrelang an der Mauer in der Seitenstrasse der Fußgängerzone, neben dem Kaffee, wo wir uns immer alle nach der Schule trafen, zu sehen. Ich war immer sehr stolz darauf. Er ist uns wirklich gut gelungen. Natürlich haben wir niemanden verraten, dass wir es waren. Das war Abenteuer. Schön war auch die Dorfeiche. Dort begann mein erstes Nachtleben. Ich schlief sehr oft bei Steffi. Und bei Steffi fiel niemanden auf, wenn wir uns heimlich aus einer der 5 Haustüren, die dieses riesige, verwinkelte alte Bauernhaus hatte, raus schlichen.
Am liebsten mochte ich die Feldarbeit. 10 – 15 Kinder und etliche Erwachsene trafen sich, um dann gemeinsam auf dem Anhänger in die Felder zu fahren. Ich durfte auch mal Trecker fahren. Das Heu wurde zu Ballen gewürfelt und dann auf den Hänger gewuchtet. Ich war braungebrannt, glücklich und fühlte mich aufgehoben. Wir sangen immer Bob Marley Lieder. Exodus war unsere Lieblingsplatte. Wenn wir alle am Abend zusammensaßen, am großen Tisch, beim selbstgemachten Brot, selbstgemachten Pflaumenmus, selbstgemachter Butter und auch Wurst, leckerem Tee, beteten wir erst und danken Gott für die Gaben und dann quatschen wir alle wild durcheinander. Das war für mich mein richtiges Zuhause. Wenn wir dann im Anschluss abspülen mussten, haben wir immer statt “Stir it up“ von Bob Marley, „Spülen wir´s ab“ gesungen. Das hab ich noch heute im Kopf, wenn ich den Song höre. Wir hörten auch gerne Bob Dylan, waren Hobos, Landkinder, glücklich. Wir pflückten uns alles von dem Bäumen, wenn wir Hunger hatten. Pflaumen und Äpfel, Himbeeren, Blaubeeren, Erdbeeren. Tollten mit den kleinen Kätzchen, die wir immer verstecken vor dem Vater, der sie auch mal gerne in einem Eimer ersoff, damit es nicht so viele wurden. Wir holten die frischen Eier aus dem Stall zum Abendbrot und frischen Schnittlauch aus dem Garten.
Es war eine so andere Welt, als bei mir Zuhause, wo keiner meiner Geschwister mehr war. Alle Geschwister waren bereits raus. Es gab nur meine Eltern und mich und oft auch nur mich. Steffi und ich machten zusammen den Übergang vom Kind sein in die Pubertät und ins langsam Erwachsenenwerden. Leider haben wir uns total aus den Augen verloren, als der erste Freund kam. Aber vergessen werde ich diese Zeit nie. Und dankbar sein dafür: immer!